Veranstaltung von IG24 – Interessenvertretung der 24h-Betreuer_innen
Stubenring 1, 1010 Wien, Österreich
Vor einer Woche hat die 24h-Betreuungs-Community eine weitere Kollegin verloren: In der Steiermark kam um vier Uhr morgens der Fahrer eines Personentransporters von der Straße ab. Eine rumänische Personenbetreuerin hat dies mit ihrem Leben bezahlt, die anderen wurden dabei verletzt. Wir, Betreuerinnen und Betreuer und ihre Unterstützer:innen trauern um die Kollegin und sind wütend und empört über die strukturellen Mängel, die die Branche prägen und die von der Politik seit Jahren ignoriert werden.
Dieser Unfall ist kein Einzelfall, sondern hat eine Geschichte, die sich in der 24h-Betreuung in Österreich regelmäßig wiederholt und immer wieder Leben kostet. Denn mit dem Transport der Betreuer:innen zwischen Österreich und den Heimatländern wird ein weiteres Geschäftsmodell praktiziert: Betreuer:innen dürfen oft nicht frei über die Transportmöglichkeiten bestimmen, sondern werden- dies war auch beim Unfall letzter Woche der Fall – vertraglich gezwungen mit den von den Vermittlungsagenturen ausgewählten Transportunternehmen zu reisen.
Diese Minibusse bringen vielen Risiken mit sich, wie zum Beispiel überlastete Fahrer, die oft zu lange Strecken alleine fahren müssen, nicht eingehaltene Pausenzeiten pro Fahrt oder fehlende Belege oder Karten für die gezahlten Fahrten. Oft agieren die Fahrer sogar als Quasi-Angestellte der Vermittlungsagenturen und zwingen die Betreuer:innen Verträge unter Druck und auf die Schnelle etwa in einer Tankstelle am Weg zum Betreuungsplatz in Österreich zu unterzeichnen.
“Die Transportunternehmen und die Vermittlungsagenturen werden von niemandem kontrolliert. Wir wollen nicht noch länger Opfer sein, auf deren Kosten sie sich die eigenen Taschen füllen.”
— Frau R., 24h-Betreuerin
Strengere Regelungen und Qualitätskontrollen fehlen hier offensichtlich sowohl für Kleintransportunternehmen als auch für Vermittlungsagenturen. Am dringendsten ist jedoch die Sicherstellung des arbeitsrechtlichen Schutzes für die 24h-Betreuer:innen. Es ist völlig inakzeptabel, dass Betreuerinnen, die derzeit in Österreich unter v.a. sozialrechtlich menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, nicht einmal frei über die Reisemöglichkeiten zwischen dem Heimatland und dem Arbeitsplatz bestimmen dürfen. Der jetzige Fall ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das aktuelle (schein-)selbständige Arbeitsmodell die 24h-Betreuer:innen teilweise dramatischen Risiken aussetzt..
“Wissen Sie, wie Transportunternehmen mit den Passagieren umgehen? Als ob wir zufrieden sein sollten, dass wir mit ihnen überhaupt reisen dürfen. Sie glauben, dass sie uns einen Gefallen tun, wenn sie uns zur Arbeit fahren und wieder abholen. Sie denken, wenn sie uns nicht an der Adresse in Österreich abholen und absetzen würden, würden sich viele von uns verirren und wir wüssten nicht einmal, wie wir aus unserem Haus herauskommen. Es ist einfach erniedrigend, aber wir haben keine Alternativen. Niemand schaut sich diese Situation an.”
— Frau R., 24h-Betreuerin
Die im Zuge der Pflegereform geplante Qualitätsverbesserungen in der 24h Betreuung muss auch für bessere Transportbedingungen, wie sichere, frei wählbare Reiseoptionen für die Betreuerinnen und Betreuer sorgen, deren Kosten nicht noch zu Lasten der Betreuer:innen gehen dürfen.