Wir wurden vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingeladen, in der Arbeitsgruppe „Gewaltfreies Arbeiten & wirtschaftliche Unabhängigkeit“ zum Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen mitzuwirken.

Das Ziel dieser Aktion ist, dass Arbeitsplätze sichere Orte für Frauen sein müssen. Wirtschaftliche Unabhängigkeit ist dabei ein zentraler Schutzfaktor.

Die Arbeitsgruppe tagte am 25. Juni, 29. Juli und 25. August 2025 und war eine von acht thematischen Gruppen, die bei der Erstellung des nationalen Aktionsplans mitwirkten.

Ab 2026 sollen auf Bundesebene Maßnahmen umgesetzt werden.

Die IG24 hat sieben Maßnahmen vorgeschlagen, die von Expert:innen aus dem Sozialministerium, der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer kommentiert wurden. Die Maßnahmen haben einen präventiven Charakter und sollen ebenso Sanktionen bei Vorfällen ermöglichen.

Die ersten vier Maßnahmenvorschläge beziehen sich auf die Sensibilisierung und Aufklärung von Betreuer:innen, Betreuungsfamilien und Vermittler:innen über Gewalt und ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen am Arbeitsplatz – der im Kontext der Personenbetreuung zugleich auch der private Haushalt der betreuten Person ist.

Unter Gewaltformen wird nicht nur körperliche Gewalt und sexuelle Belästigung verstanden, sondern auch strukturelle Formen wie etwa die Verweigerung von Kost und Logis. Es gilt daher zu klären, welche Rechte und Pflichten die drei beteiligten Akteur:innen – Betreuer:innen, Familien und Vermittlungsagenturen – haben und wie ein wirksamer Gewaltschutz in diesem besonderen Setting umgesetzt werden kann.

Dabei stellen sich Fragen wie:

  • An welche Institutionen können sich Betreuer:innen wenden, um Beratung in ihrer Muttersprache zu erhalten?
  • Wie können Familien für gewaltfreie Arbeitsplätze sorgen?
  • In welcher Form sollen Agenturen in Gewaltfällen unterstützen?

Zur Beantwortung dieser Fragen sind maßgeschneiderte Leitfäden für alle drei Akteur:innen vorgesehen, wobei für Betreuer:innen eine muttersprachliche Aufbereitung besonders wichtig ist. Ergänzend soll eine Strategie zur Verbreitung der Leitfäden entwickelt werden, damit möglichst viele involvierte Personen erreicht werden.

Darüber hinaus wird ein Verbot der Vermittlung an Betreuungsplätze vorgeschlagen, an denen Gewalt ausgeübt wurde. Vermittler:innen sollen durch verbindliche Standesregeln verpflichtet werden, im Rahmen ihrer Tätigkeit zu prüfen, ob ein Gewalt- oder Gefährdungsrisiko besteht.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Einbeziehung der Sozialversicherung. Deren Qualitätsbesuche in Privathaushalten könnten auf den Bereich Gewaltprävention ausgeweitet werden. Da das Arbeitsinspektorat in diesem Kontext nicht tätig werden kann, die Sozialversicherung aber Zutritt zu Privathaushalten hat, wäre sie die einzige Behörde, die Vorfälle systematisch erfassen und melden könnte.

Zudem braucht es klare Regelungen der Zuständigkeiten in den Bundesländern. Da Betreuer:innen keinen Hauptwohnsitz in Österreich haben und der Arbeitsplatz zugleich der private Haushalt der betreuten Person ist, sind Fragen der Finanzierung und Zuständigkeit des Gewaltschutzes – etwa für einen befristeten Frauenhausaufenthalt, juristische Beratung, Prozessbegleitung im Falle einer Anzeige oder psychosoziale Unterstützung – derzeit ungeklärt.

Schließlich sollte auch die Möglichkeit von Sanktionen vorgesehen werden: Der Pflegezuschuss, also die staatliche Förderung für Betreuungskosten, könnte an die Gewährleistung menschenwürdiger Haushaltsbedingungen (einschließlich Kost und Logis) sowie an einen gewaltfreien Arbeitsplatz gebunden werden. Bei Verstößen gegen diese Voraussetzungen sollte ein Entzug des Pflegezuschusses erfolgen.

Die IG24 setzt sich sozialpolitisch dafür ein, dass Betreuer:innen in Privathaushalten sicher, gewaltfrei und geschützt arbeiten können. Durch die Teilnahme an der Arbeitsgruppe sind wir unserem Ziel ein Stück näher gekommen!