IG24 durfte kürzlich mit einer migrantischen Personenbetreuerin, welche auch bei IG24 als Peer-Beraterin tätig ist, ein spannendes Interview führen. Das ganze Interview findest du hier in diesem Beitrag.
Du bist selbst Personenbetreuerin und unterstützt andere Betreuerinnen mit Beratung? Wie schaut diese Arbeit aus? Was sind deine Aufgaben?
Ja. Das stimmt, ich bin auch Betreuerin und helfe meinen Kolleg:innen bei der Beratung, wenn es die Zeit erlaubt. Die Beratung ist ziemlich anstrengend und man muss sich sehr gut mit dem österreichischen Gesetz und vor allem mit dem System des Gewerbes auskennen.
Ich kann meine Aufgaben nicht genau definieren, denn die Probleme meiner Kolleg:innen sind so vielfältig und unterschiedlich. Alle Probleme meiner Kolleg:innen fangen damit an, dass die deutsche Sprache eine echte Barriere in der Kommunikation mit den staatlichen Institutionen ist und es in diesen Institutionen keine rumänischsprachigen Mitarbeiter:innen gibt.
Wir versuchen, den Kolleg:innen zu helfen: Wir übersetzen Formulare, schreiben Erklärungen und versuchen, sie so weit wie möglich, Schritt für Schritt, zu unterstützen, damit sie lernen, selbst zurechtzukommen und nicht von Vermittlungsagenturen abhängig zu sein.
Warum ist deine Rolle eine so Wichtige in der IG24?
Weil ich und meine Kolleg:innen das Bindeglied zwischen Aktivist:innen und der Gemeinschaft der Betreuer:innen sind. Wir, Betreuer:innen unter Betreuer:innen, hätten uns ohne die Unterstützung der Aktivist:innen niemals organisieren können. Aber es ist die Verbindung zur Gemeinschaft, die wichtig ist. Das Ziel der Organisation besteht darin, die Interessen der Betreuer:innen zu vertreten. Dafür müssen wir wissen, was ihre Interessen sind.
Was sind die Hauptthemen der Beratungen? Mit welchen Fragen wenden sich Betreuer:innen an dich?
Die meisten Probleme stehen im Zusammenhang mit der SVS. Genauer gesagt: Es gibt Probleme mit der SVS-Zahlung, denn oft verstehen die Kolleg:innen die Erhöhung oder Senkung der Zahlungen an die Versicherungsgesellschaft nicht. Probleme entstehen auch im Zusammenhang mit der Gesundheit, der Krankenmeldung, der finanziellen Unterstützung bei Krankheit und der Begleichung der Gesundheitskosten, wenn Betreuer:innen zu Hause sind und medizinische Leistungen im Land in Anspruch nehmen müssen. Ein weiteres Thema sind Rentenprobleme und was man dagegen tun kann, auch Arbeitsunfälle sind eine Problematik. Wir haben auch Probleme mit der WKO: Ruhestand anmelden, Weiterbetrieb des Gewerbes, ändern der Adresse des Gewerbes, ….
Und zu guter Letzt: Arbeitskonflikte mit Vermittlungsagenturen oder Familien. Arbeitskonflikte sind von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Die häufigsten Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, stehen jedoch im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen. Die Kolleg:innen bekommen die Verträge oft nicht ins Rumänische übersetzt, sie wissen nicht, was sie unterschreiben, und das ist natürlich der Grund für viele Probleme.
Die IG24 ist eine Selbstorganisation von migrantischen Personenbetreuer:innen. Was macht die Selbstorganisation deiner Meinung so wichtig?
Es ist gerade die Tatsache, dass wir immer in Kontakt mit unseren Kolleg:innen sind. Wir berücksichtigen ihre Wünsche und Interessen, wir haben ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Probleme der Gemeinschaft. Gerade weil wir uns selbst organisieren, schaffen wir unsere Unabhängigkeit.
Mit welchen Herausforderungen bist du in deiner Arbeit konfrontiert?
Das kann ich dir nicht genau sagen. Jeder Fall, den ich gelöst habe, war eine Herausforderung für mich. Ich habe von den Problemen meiner Kolleg:innen gelernt.
Ich kann dir sagen, dass es für mich eine echte Herausforderung war, die Verträge der Kolleg:innen zu lesen und zu verstehen. Ich musste die Gesetzgebung des Arbeitsrechts lernen und mich mit den Mitarbeiter:innen der Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten, auseinandersetzen. Eine weitere Herausforderung war die Technik. Ich musste auch viele neue Dinge lernen, um meine Kolleg:innen richtig beraten und anleiten zu können.
Was sind deine Wünsche als Betreuerin für die Zukunft?
Durch klare Regeln und Gesetze geschützt zu sein. Wir wollen, wie andere entlohnte Arbeitnehmer:in in Österreich bezahlt werden. Wir wollen für die Arbeit, die wir für die österreichische Gesellschaft leisten, geschätzt und respektiert werden. Dass wir erwerbstätig sein können, dass wir eine faire Pension bekommen, die uns einen friedlichen Lebensabend ermöglicht. Nach jahrelanger harter Arbeit in der Pflege sollten wir nicht mit dem Problem einer sehr geringen Rente konfrontiert sein, die mich nicht von einem Tag auf den anderen ernähren kann.