Um was geht es?

Der Rückgang des Personals in der Personenbetreuung stellt Österreich vor große Herausforderungen. Basierend auf einer kürzlich durchgeführten Studie lässt sich die Prognose aufstellen, dass es in den nächsten Jahren zu weiteren Reduzierungen kommen wird. Schuld daran sind die prekären Arbeitsbedingungen, denen Personenbetreuer:innen ausgesetzt sind. Sie arbeiten oftmals ohne Pause, und die schlechte soziale Absicherung, Scheinselbständigkeit und mangelnder arbeitsrechtlicher Schutz machen Österreich zu einem unattraktiven Arbeitsland für Personenbetreuer:innen.

Nun wird der Ruf der WKO nach einer Drittstaatenlösung immer lauter. Betreuungskräfte aus NICHT-EU Staaten wie Serbien und Bosnien sollen einen leichten Zugang zum Personenbetreuungsgewerbe bekommen.

Warum ist das problematisch?

Die Integration von Drittstaatsangehörigen in den Sektor würde es theoretisch ermöglichen, den Bedarf an Betreuungskräften zumindest teilweise zu decken. Doch eine Öffnung des Arbeitsmarktes ohne Reform bringt erhebliche Risiken für Personenbetreuer:innen aus Drittstaaten mit sich:

Verletzlicher und schutzloser:

  • Noch schlechtere Bezahlung: Die Verhandlungsmacht in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und Honorare von Personen aus Drittstaaten, welche oftmals unter noch prekäreren ökonomischen Bedingungen leben, ist geringer. Bereits jetzt gibt es Kolleg:innen aus Serbien mit einer ungarischen Doppelstaatsbürgerschaft, die gerade mal die Hälfte der ohnehin niedrigen Honorare bekommen
  • Höhere Sprachbarriere & höhere Abhängigkeitsverhältnisse
  • Weniger Wissen und Informationen durch fehlende Erfahrungen in der Branche
  • Ethische und menschenrechtliche Bedenken: Der Aufenthalt in Österreich ist an die Tätigkeit gebunden – dies verschärft bestehende Macht- und Herrschaftsstrukturen und schafft ein noch prekäreres Arbeitsumfeld
  • Arbeiten ohne Arbeitsrechte ist Ausbeutung – Angehörige von Drittstaaten sind noch vulnerabler und schutzloser

Um eine nachhaltige Lösung bereitzustellen, ist jedoch entscheidend, klare und faire Rahmenbedingungen für ALLE zu schaffen. Dazu gehören transparente Regelungen, die den Betreuungskräften einen sicheren Aufenthalt ermöglichen und zugleich sicherstellen, dass sie nicht unter prekären Bedingungen arbeiten. Ein sozial gerechtes System, das Zugang zu Leistungen wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Krankenversicherung, Urlaubsgeld und eine bessere Absicherung im Pensionsalter bietet, muss für ALLE Personenbetreuer:innen im Mittelpunkt stehen.

Standpunkt der IG24

Die IG24 stellt sich nicht gegen die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Drittstaatsenangehörige, fordert jedoch zunächst die Behebung systemischer Mängel in der Personenbetreuung. Anstellungsverhältnisse können für alle in Österreich tätigen Personenbetreuer:innen den arbeitsrechtlichen Schutz sowie eine bessere soziale Absicherung gewährleisten.

Eine Marktöffnung ohne diese Reform würde lediglich eine noch vulnerablere Gruppe der bereits bestehenden Benachteiligung aussetzen, und auf längere Sicht würde sich das Problem mit dem Mangel an Betreuungspersonal nicht lösen lassen.

Österreich kann nicht mehr so weitermachen!